Wer sich bei einem Verkehrsunfall verletzt, muss das auch aktenkundig machen. Die Klage
eines Autofahrers gegen einen prominenten Fußballspieler vor dem Landgericht (LG) München I wegen eines Auffahrunfalls blieb aufgrund nicht mehr zu beweisender Verletzungen
ganz überwiegend erfolglos, da sich der Patient nicht zeitnah zum Arzt begab.

 

 

Hintergrund: Der Kläger konnte seine behaupteten, unfallbedingten Verletzungen nicht beweisen. Bei einem Streitwert von rund 50.000 Euro hat das Gericht dem Kläger lediglich etwa 4.500
Euro für die Reparatur seines Pkw sowie ein Ersatzfahrzeug und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Verdienstausfall und Schmerzensgeld wegen einer vom Kläger vorgetragenen Sensibilitätsstörung seiner rechten Hand und einem sog. Schleudertrauma (HWSDistorsion) erhielt er hingegen nicht.
Das war geschehen

Der Kläger hatte einen Spurwechsel mit seinem Maserati durchgeführt. Der Beklagte war im
weiteren Verlauf mit seinem Mercedes aufgefahren. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass
der Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden hier zum Tragen komme und somit
der Beklagte dem Grunde nach für den Verkehrsunfall verantwortlich sei. Deshalb seien dem
Kläger die Reparaturkosten, die Kosten für ein Ersatzfahrzeug und die Einschaltung eines
Rechtsanwalts zuzusprechen.

Landgericht: Verletzungen nicht mehr beweissicher feststellbar:
Dem Kläger stehe gegen den Beklagten jedoch weder ein Schmerzensgeldanspruch noch ein
Anspruch auf Ersatz von Erwerbsschaden, bzw. entgangenem Gewinn zu, da der Kläger den
Eintritt unfallbedingter Verletzungen nicht habe beweisen können. Eine HWS-Distorsion beim
Kläger sei nicht beweissicher feststellbar, ebenso wenig die vom Kläger geltend gemachten
Sensibilitätsstörungen der rechten Hand. So komme zum einen das eingeholte biomechanisch
und orthopädisch/unfallchirurgische Gutachten zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger vorgetragenen Sensibilitätsstörungen der rechten Hand nicht dem streitgegenständlichen Unfall
anzulasten seien. Sowohl aus biomechanischer als auch medizinischer Sicht sei nach dem
Unfallhergang schon nicht eindeutig, dass der Kläger die unfallkausal geltend gemachten
Beschwerden sicher erlitten habe.

Unverzüglicher Arztbesuch blieb aus:
Zum anderen habe sich der Kläger nach eigener Einlassung erst ca. ein Monat nach dem Unfall
in ärztliche Behandlung begeben, dies jedoch nicht wegen Beschwerden an der Halswirbelsäule, sondern wegen der Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Hand. Hätte der Kläger entsprechende HWS-Distorsionsbeschwerden unfallbedingt erlitten, wäre zu erwarten gewesen,
dass er sich unverzüglich zum Arzt begeben und dort die entsprechenden Symptome geschildert hätte, was nicht geschehen sei.
Dem Kläger stehe deshalb gegen den Beklagten mangels eindeutig unfallbedingter Verletzung
weder ein Schmerzensgeldanspruch noch ein Anspruch auf Ersatz von Erwerbsschaden/entgangenem Gewinn zu.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

 

QUELLE:  LG München I, Urteil vom 11.3.2022, 19 O 16989/20, PM 8/2022 vom 18.3.2022

Kategorie(n)

Allgemein, Verkehrsrecht

 

Schlagwörter

Arzt Halswirbelsäule