Ein Grundstückseigentümer hatte sich auf einen – tatsächlich – vorliegenden abstandsrechtlichen
Verstoß des Nachbarn berufen. Seine Klage hat das Oberverwaltungsgericht
(OVG) Nordrhein-Westfalen jedoch abgewiesen. Grund: Er hatte seinerseits gegen das
Abstandsflächenverbot verstoßen.

In einem solchen Fall stellt das Geltendmachen von Abwehrmaßnahmen eine sog. „unzulässige
Rechtsausübung“ dar. Maßgeblich ist nach dem OVG, ob der Nachbar fordert, was er selbst
nicht einhält. Das allgemeine Rechtsverständnis billigt es einem Grundstückseigentümer nicht
zu, rechtliche Abwehrmaßnahmen gegen eine durch einen Nachbarn hervorgerufene
Beeinträchtigung zu ergreifen und zugleich diesem Nachbarn quasi spiegelbildlich dieselbe
Beeinträchtigung zuzumuten. Denn der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz, so das OVG,
beruht auf einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit, das maßgeblich durch die objektiven
Grundstücksverhältnisse geprägt ist. Erst aus der Störung des nachbarlichen Gleichgewichts
und nicht schon aus der Abweichung von öffentlich-rechtlichen Normen ergibt sich deshalb der
Abwehranspruch des Nachbarn.

QUELLE: OVG Nordrhein-Westfalen, 18.6.2020, 7 A 1510/18, Abruf-Nr. 218347 unter www.iww.de

Kategorie(n)

Bau- und Architektenrecht