Ein ordnungsgemäß montierter und auf stabilem Baugrund aufgebauter Kran fällt nicht
ohne Weiteres um, auch nicht bei einem Sturm. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. festgestellt. Stürzt ein auf der Baustelle betriebener Turmdrehkran während Bauarbeiten um, spricht deshalb der sog. „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und
Aufbaufehler.

 

 

In solchen Fällen kommen verschiedene Ursachen in Frage, die dann auch über die Haftung
entscheiden. Zum „Beweis des ersten Anscheins“ gehören nicht nur die Pflichten des Aufstellers, sondern (je nach Einzelfall) auch, ob sich die Bauüberwachung im Rahmen ihrer eigenen
Leistungen von der ordnungsgemäßen Aufstellung überzeugt hat.
Im Fall des OLG sprach der „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und Aufbaufehler des ausführenden Unternehmens. Denn ein Sicherungsbolzen der Stahlkonstruktion des
Krans am Ausleger war falsch montiert. Die Bauüberwachung war insoweit damit bis auf
Weiteres außen vor. Die Kontrolle von Sicherungsbolzen am Kran kann der Bauüberwachung
nicht zugeordnet werden.
Die Bauüberwachung wäre eventuell dann in den Fokus des Anscheinsbeweises gerückt, wenn
statt des Sicherungsbolzens am Kranausleger das Kranfundament an der falschen Stelle – entgegen der Vorgabe der Bauüberwachung (auf instabilem Baugrund ohne vorherige Prüfung) –
ausgeführt worden wäre.

 

QUELLE: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.7.2022, 29 U 222/19, Abruf-Nr. 231295 unter www.iww.de

 

 

Kategorie(n)

Bau- und Architektenrecht