Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat klargestellt: Die Fahrt mit einem E-Scooter im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit führt regelmäßig zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis.

Amtsgericht war noch milde gestimmt
Der Angeklagte befuhr in Göttingen in alkoholisiertem Zustand eine Straße mit einem E-Scooter. Bei einer Kontrolle stellten die Polizeibeamten einen Blutalkoholwert von 1,83 Promille fest.
Das Amtsgericht (AG) verurteilte ihn daraufhin wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe. Daneben verhängte es als weitere Strafe ein Fahrverbot, sah aber von einer Entziehung
der Fahrerlaubnis ab. Zwar gelte nach dem Strafgesetzbuch (hier: § 69 StGB), dass ein Täter, der
wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt wird, in der Regel als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Jedoch habe der Angeklagte „nur“ einen E-Scooter verwendet
und mit diesem lediglich eine kurze Strecke zurückgelegt.

 

Staatsanwaltschaft widersprach
Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat dieses Urteil nicht akzeptiert. Das AG stelle bei seiner
Entscheidung, von der Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen, rechtsfehlerhaft darauf ab,
dass der Angeklagte nicht mit einem PKW, sondern mit einem E-Scooter gefahren sei. Dies
widerspreche der gesetzgeberischen Wertung, wonach der E-Scooter als Kraftfahrzeug einzustufen und die Fahrerlaubnis beim Führen von Kraftfahrzeugen in fahruntüchtigem Zustand
regelmäßig zu entziehen sei, so auch die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig in ihrer
Antragsschrift.

 

Oberlandesgericht: Promillegrenze mindestens wie für Radfahrer
Dieser Argumentation ist das OLG nun gefolgt. Es ist ebenso – wie bereits das AG – von einer
absoluten Fahruntüchtigkeit des Angeklagten ausgegangen. Dies folge daraus, dass der
E-Scooter in seiner Fahreigenschaft und seinem Gefährdungspotenzial einem Fahrrad mindestens gleichzustellen sei und der Angeklagte den nach der obergerichtlichen Rechtsprechung
für Fahrradfahrer geltenden Grenzwert von 1,6 Promille überschritten habe. Ob für E-Scooter
auch der für Kraftfahrzeugführer geltende Grenzwert von 1,1 Promille gilt, musste das OLG danach nicht entscheiden.

 

Es lagen keine Ausnahmetatbestände vor
Aufgrund der Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt sei gemäß Strafgesetzbuch (§ 69
StGB) auch davon auszugehen, dass der Angeklagte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung hat das OLG nach dem bisher festgestellten Sachverhalt keine besonderen Umstände ausmachen können, die eine Ausnahme
von dieser Regelvermutung rechtfertigten.

 

Ein E-Scooter sei ein Kraftfahrzeug im Sinne dieser Vorschrift. Damit greife die Regelvermutung
zunächst einmal. Ob von dieser ausnahmsweise abzuweichen sei, sei von den Umständen des
Einzelfalls abhängig. Allein die Art des Kraftfahrzeugs könne eine Ausnahme nicht begründen
und auch nicht als stets mildernd berücksichtigt werden.

 

Ein Kilometer ist keine „Kurzfahrt“
Auch die weiteren vom AG angeführten Gründe tragen nicht die Annahme eines Ausnahmefalls.
Insbesondere handele es sich bei einer Fahrtstrecke von einem Kilometer nicht um eine kurze
Fahrt.

 

QUELLE: OLG Braunschweig, Urteil vom 30.11.2023, 1 ORs 33/23, PM vom 15.12.2023

 

 

Kategorie(n)

Verkehrsrecht

 

Schlagwörter

E-Scooter Führerscheinentzug