arbeitsrecht

Die ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers als solche schließt es nicht
per se aus, dass er zu dem dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung
angehört wird. Das betrifft sowohl die schriftliche Anhörung als auch – soweit aus sachlichen
Gründen vom Arbeitgeber für erforderlich gehalten – die Anhörung im Rahmen eines Personalgesprächs.

 

Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Solange dem erkrankten
Arbeitnehmer die Teilnahme an einem Personal-/Anhörungsgespräch nicht krankheitsbedingt
unmöglich oder unzumutbar ist, kann er also dementsprechend gehalten sein, daran teilzunehmen.
Entsprechend muss der Arbeitgeber auch bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers den
Anhörungsprozess durch Einladung zum Personalgespräch oder schriftliche Anhörung einleiten
bzw. fortführen und damit klären, ob und welche Hindernisse arbeitnehmerseitig bestehen
bzw. mitgeteilt werden.
Das bedeutet auch: Die bloße Arbeitsunfähigkeit als solche hemmt nicht den Lauf der zweiwöchigen
Kündigungsfrist bei der fristlosen Kündigung. Unternimmt ein Arbeitgeber, der im
Falle fortbestehender Arbeitsfähigkeit den Arbeitnehmer nunmehr zu den Verdachtsgründen
angehört hätte, während einer zweiwöchigen Arbeitsunfähigkeitsphase des Mitarbeiters nicht
einmal den Versuch einer Anhörung und Kontaktaufnahme, ist die nach Beendigung der
Arbeitsunfähigkeit und dann erfolgter Anhörung ausgesprochene außerordentliche Verdachtsund
Tatkündigung verfristet und damit unwirksam.

QUELLE: LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2019, 3 Sa 1077/18, Abruf-Nr. 211764 unter www.iww.de.

Kategorie(n)

Arbeitsrecht

 

Schlagwörter

Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers Kündigungsfrist