Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt erstmals entschieden, unter welchen Voraussetzungen
ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des mit Wirkung zum 1.1.2018 neu eingeführten
Paragrafen im bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650i BGB) vorliegt.

 

 

Das war geschehen
Die beklagten Eheleute ließen als private Bauherren einen Neubau errichten, wobei sie die
erforderlichen Gewerke an einzelne Bauunternehmer vergaben. Die Klägerin erbrachte von
November 2018 bis Januar 2019 aufgrund eines Vertrags von August 2018 über die Ausführung
von Innenputz- und Außenputzarbeiten auf Einheitspreisbasis ihre Leistungen. Auf Abschlagsrechnungen
in Höhe von rund 30.000 Euro leisteten die Beklagten nur Zahlungen in Höhe von
gut 20.000 Euro. Die Klägerin forderte die Beklagten zunächst unter Fristsetzung erfolglos auf,
den offenen Betrag zu zahlen und anschließend eine Bauhandwerkersicherung von knapp
10.000 Euro zu leisten.

Bisheriger Prozessverlauf
Das Landgericht (LG) hat der Klage auf Sicherheitsleistung stattgegeben. Hiergegen haben sich
die Beklagten mit der Berufung gewandt. Nachdem die Beklagten knapp 10.000 Euro an die
Klägerin gezahlt hatten, hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt. Die Beklagten haben der Erledigungserklärung widersprochen. Das Oberlandesgericht
(OLG) hat die nun auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete Klage abgewiesen.
Es hat die Auffassung vertreten, die ursprüngliche Klage auf Sicherheitsleistung sei unbegründet
gewesen. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung habe von Anfang nicht greifen können. Die
Beklagten als Besteller seien Verbraucher und hätten mit der Klägerin einen Verbraucherbauvertrag
geschlossen. Ein solcher liege auch bei einer – wie hier – gewerkeweisen Vergabe von
Bauleistungen vor. Mit ihrer Revision hat die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiterverfolgt.

So sieht es der Bundesgerichtshof
Die Revision der Klägerin ist erfolgreich gewesen. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben
und festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Die Klage auf Sicherheitsleistung
war ursprünglich begründet und hat sich erledigt. Die Parteien haben keinen Verbraucherbauvertrag
geschlossen.

Nach der gesetzlichen Definition in § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB setzt ein Verbraucherbauvertrag
voraus, dass es sich um einen Vertrag mit einem Verbraucher handelt, durch den der Unternehmer
zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird. Dafür reicht es schon nach dem Wortlaut
nicht aus, dass der Unternehmer die Verpflichtung zur Erbringung eines einzelnen Gewerks im
Rahmen eines Neubaus eines Gebäudes übernimmt. Darin unterscheidet sich die Vorschrift in
entscheidender Weise von dem gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB. Dort wird ausdrücklich
unter anderem ein Vertrag über die Herstellung eines Bauwerks „oder eines Teils davon“
erfasst. Eine weitere abweichende Formulierung findet sich zudem in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB,
der die Verjährung werkvertraglicher Mängelansprüche regelt und dort eine spezielle Verjährungsfrist
für Ansprüche „bei einem Bauwerk“ vorsieht.
Die mit dem Abschluss eines Verbraucherbauvertrags verbundene Verpflichtung des Unternehmers,
dem Verbraucher eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen, die mindestens unter
anderem Pläne mit Raum- und Flächenangaben sowie Ansichten, Grundrisse und Schnitte enthalten
muss, spricht ebenfalls für dieses Verständnis.

Soweit die Auffassung vertreten wird, der Gedanke des Verbraucherschutzes erfordere es, auch
die gewerkeweise vergebenen Leistungen im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes denselben
Vorschriften zu unterwerfen, wie die Verpflichtung zum Neubau eines Gebäudes, hat das keine
Umsetzung im Gesetz gefunden. Hinzu kommt, dass diese rechtspolitische Erwägung auch
nicht ohne Weiteres im Rahmen einer Auslegung mit eindeutigen Rechtsfolgen verknüpft werden
kann, weil die Verbraucherschutzvorschriften bei einem Verbraucherbauvertrag insgesamt
nicht ausschließlich als umfassender und günstiger für den Verbraucher angesehen werden
können als dies bei einem Vertrag der Fall ist, für den sie nicht gelten. Schließlich verbietet es
auch das Gebot der Rechtsklarheit hier in besonderer Weise, den Begriff des Verbraucherbauvertrags
aufgrund einer allgemeinen Zielvorstellung des Verbraucherschutzes zu erweitern,
ohne dass dies im Gesetzestext erkennbar wäre. Denn der Unternehmer muss erkennen können,
ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn schon im Vorfeld des Vertrags
treffen.

 

QUELLE: BGH, Urteil vom 16.3.2023, VII ZR 94/22, PM 51/23

Kategorie(n)

Bau- und Architektenrecht