Hin und wieder werden Testamente auf unüblichen Unterlagen angefertigt. Ist dann ein
ernsthafter Testierwille gegeben? Das ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. In einem
aktuellen Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm war dies schwierig.

 

Was war geschehen?
Der Erblasser hatte seinen letzten Willen auf insgesamt fünf mit einem Bleistift handschriftlich
beschriebenen Papieren im DIN A4-Format niedergelegt, wobei es sich bei vier dieser Papiere
jeweils um die Rückseite von mit Werbung für Kurse einer Schule bedruckten Zetteln handelte.
Unter anderem hatten die Papiere folgenden Inhalt: Ein nicht unterschriebenes Schriftstück
enthielt z. B. in der Kopfzeile die Aufschrift „Mein Testament S 50!! für Dummies“. Dann findet
sich der Satz „Hiermit möchte ich … mein bisheriges Testament vom 20.7.2009 vom Notar …
abgefasst für ungültig erklären und hebe hiermit vorsorglich alle bisherigen von mir errichteten
Verfügungen von Todes wegen in vollem Umfang auf.“

Das sagte das Oberlandesgericht
Ein Testament ist nur wirksam, wenn der Erblasser einen ernstlichen Testierwillen bei seiner
Errichtung hatte. Dabei sind, sofern die Form des Schriftstücks nicht den für Testamente
üblichen Gepflogenheiten entspricht, an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen
zu stellen. Können nach der so vorzunehmenden Auslegung die Zweifel nicht ausgeräumt
werden, liegt kein gültiges Testament vor, da hierfür der ernstliche Testierwille außer Zweifel
stehen muss. Bei solchen Zweifeln ist stets zu prüfen, ob es sich nicht lediglich um einen Testamentsentwurf
handelt.

Auch wenn die Errichtung dieses Schriftstücks auf der Rückseite eines Werbezettels einer
Schule nicht grundsätzlich einem ernstlichen Testierwillen entgegensteht, begründet doch die
Verwendung dieser für Testamente unüblichen Schreibunterlage Anlass zu Zweifeln an einem
ernstlichen Testierwillen. Diese Zweifel sieht das OLG noch verstärkt dadurch, dass der Erblasser
den Text durch mit Bleistift geschrieben hat, wodurch eine dauerhafte Beständigkeit des
Textes nicht sichergestellt ist. Des Weiteren enthält der Text zu Beginn und am Ende ausdrücklich
Auslassungen, indem jeweils hinter der Ortsangabe durch vier Punkte gekennzeichnet
worden ist, dass hier noch Eintragungen des Datums erfolgen sollten. Auch weitere Umstände
sprachen dafür, dass an einigen Stellen nach der Vorstellung des Erblassers Ergänzungen, etwa
die Anschrift des Bedachten, erforderlich waren.

QUELLE | OLG Hamm, Beschluss vom 15.6.2021, 10 W 18/21

Kategorie(n)

Erbrecht, Familienrecht

 

Schlagwörter

Testament