Hält ein Erbe den Nachlass für überschuldet, kann er die Erbschaft ausschlagen. Doch
dabei ist Vorsicht geboten, wie ein aktueller Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf
zeigt. Hier hatte der Erbe allerdings Glück. Der Erbe war vor allem aufgrund des verwahrlosten
Zustands der Wohnung des Erblassers davon ausgegangen, dass dessen Nachlass überschuldet
ist. Das aber war ein Irrtum, den das OLG Düsseldorf beachtlich fand.

Sachverhalt
Was war geschehen? Die Polizei hatte den Erblasser tot in seiner völlig vermüllten und
verdreckten Wohnung aufgefunden. Nachdem schließlich ein Erbe ermittelt und von der Polizei
über den Zustand der Wohnung sowie den Umstand informiert worden war, dass umherliegende
Rechnungen und Mahnungen auf erhebliche Nachlassverbindlichkeiten hindeuten würden und
sich werthaltige Gegenstände nicht in der Wohnung befänden, hat der Erbe davon abgesehen,
sich um die Wohnung zu kümmern.
Nachlassgericht zeigt sich unnachgiebig
Anschließend hat er Kontakt mit dem Nachlassgericht aufgenommen und mit der zuständigen
Rechtspflegerin über die Frage der Annahme der Erbschaft bzw. der Ausschlagung gesprochen.
Das Nachlassgericht hatte ihn darüber informiert, dass die Bestattung des Erblassers mit
öffentlichen Mitteln bezahlt worden sei. Daraufhin hatte der Erbe die Erbschaft schließlich ausgeschlagen.
Später stellte sich heraus, dass der Nachlass ein erhebliches Vermögen umfasst. Der Erbe
erklärte nun die Anfechtung der Ausschlagung und beantragte einen Erbschein. Das Nachlassgericht
wies diesen Antrag aufgrund der Ausschlagung zurück. Eine dagegen gerichtete
Beschwerde hatte keinen Erfolg und wurde dem OLG vorgelegt.
Oberlandesgericht sieht Anfechtungsgrund
Das OLG gab dem Erben jedoch Recht. Er habe seine Ausschlagungserklärung wirksam angefochten.
Entgegen dem Nachlassgericht liege ein Anfechtungsgrund in der Form eines sog.
Eigenschaftsirrtums vor. Er sei aufgrund der von ihm in Erfahrung gebrachten Umstände und
der aus seiner Sicht abschließend erfolgten Klärung der Vermögensverhältnisse ohne Anhaltspunkte
für weitere taugliche Informationsquellen zu der Vorstellung gelangt, dass sich im
Nachlass ausschließlich Verbindlichkeiten des Erblassers befinden. Damit hat er sich bei der
Erklärung der Erbausschlagung nicht lediglich von einer Befürchtung leiten lassen, sondern
von seiner Überzeugung einer bestehenden Überschuldung.
Verfahrenspfleger erforderlich
Das OLG hat die Sache an das Ausgangsgericht zurückverwiesen, da hier die Hinzuziehung
eines zu beteiligenden Verfahrenspflegers fehlerhaft unterblieben ist.

QUELLE:  OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2020, I-3 Wx 166/20, Abruf-Nr. 221133 unter www.iww.de

Kategorie(n)

Erbrecht, Familienrecht

 

Schlagwörter

Erbausschlagung