arbeitsrecht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen arbeitsgerichtliche Entscheidungen zu einer Kündigung wegen einer groben menschenverachtenden
Äußerung nicht zur Entscheidung angenommen. Damit bleiben die Entscheidungen der
Gerichte für Arbeitssachen wirksam, wonach die Äußerung „Ugah, Ugah“ gegenüber eienem
dunkelhäutigen Kollegen eine menschenverachtende Diskriminierung darstellt, die sich nicht
unter Berufung auf das grundgesetzlich garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung rechtfertigen lässt.

Das war geschehen
Der Beschwerdeführer betitelte in einer kontrovers ablaufenden Betriebsratssitzung einen
dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten „Ugah, Ugah!“, der ihn wiederum als „Stricher“
bezeichnete. Die daraufhin gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Kündigung
erachteten die Arbeitsgerichte als wirksam, auch aufgrund einer einschlägigen vorhergehenden
Abmahnung, die aber nicht zu einer Änderung seines Verhaltens geführt hatte.
Das sagte der Beschwerdeführer
Dagegen berief sich der Beschwerdeführer auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit – erfolglos. Die Arbeitsgerichte hätten seine Grundrechte gegenüber dem Kündigungsinteresse der
Arbeitgeberin nicht abgewogen. Man dürfe ihm keine rassistische Einstellung vorwerfen. Der
Umgangston im Betriebsrat sei durchaus „hin und wieder flapsig“. Das liege daran, dass es von
allen Betriebsratsmitgliedern gewollt sei, die teilweise abstrakte bürokratische Materie durch
Auflockerung der Gesprächsatmosphäre zu fördern. Es gehöre zum gepflegten Umgangston
unter den Betriebsratsmitgliedern und sei bislang nie ein Problem gewesen. Seine Einwände
blieben erfolglos.
So sieht es das BVerfG
Das BVerfG hält die Wertungen für richtig, die die Arbeitsgerichte getroffen haben, und die sich
aus den Grundrechten der Meinungsfreiheit und Menschenwürde sowie dem Diskriminierungsverbot ergeben. Sie verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die arbeitsgerichtliche Bestätigung der
Kündigung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zutreffend wurde die konkrete Situation als
maßgeblich angesehen, in der ein Mensch mit dunkler Hautfarbe direkt mit nachgeahmten
Affenlauten adressiert wird. Der Schluss, dass aufgrund der Verbindung zu einem nach dem
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpönten Merkmal keine nur derbe Beleidigung
vorliege, sondern die Äußerung fundamental herabwürdigend sei, sei auch im Lichte des grundgesetzlichen Diskriminierungsverbots korrekt, das sich gegen rassistische Diskriminierung
wendet.
Menschenwürde vor Meinungsfreiheit
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfordere im Normalfall eine Abwägung zwischen
drohenden Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre und der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit trete aber zurück, wenn herabsetzende Äußerungen die Menschenwürde antasten oder
sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen. Das haben die Gerichte hier in
Anwendung des Kündigungsschutzrechts nicht verkannt, so das BVerfG. Sie hätten ausführlich
begründet, dass und warum es sich um menschenverachtende Diskriminierung handelt.

Danach wird die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als
Affe adressiert wird, und damit das Recht auf Anerkennung als Gleiche unabhängig von der
„Rasse“ verletzt wird. Diese Wertung sei ebenso, wie die im Rahmen der fristlosen Kündigung
geforderte Gesamtwürdigung, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

QUELLE: BVerfG, Beschluss vom 2.11.2020, 1 BvR 2727/19; PM Nr. 101/2020 vom 24.11.2020

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Arbeitsrecht

 

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Ugah Ugah; Kündigung wegen menschenverachtender Äußerung wirksam