Nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle können Messergebnisse
des Geräts LEIVTEC XV3 in Bußgeldverfahren derzeit nicht mehr ohne Weiteres
zugrunde gelegt werden.

Geschwindigkeitsmessungen von Kraftfahrzeugen werden vor Gericht immer wieder als fehlerträchtig
angegriffen. Dabei sind die Messgeräte im Zulassungsverfahren einer strengen technischen
Prüfung unterworfen. Besteht ein Gerät diese Prüfung, bietet es bei Einhaltung der
vorgegebenen Bedienvorschriften i.d.R. die hinreichende Gewähr für die Richtigkeit der erzielten
Messergebnisse. Messungen können dann als sog. standardisierte Messverfahren in einem
Ordnungswidrigkeitenverfahren ohne weitere Überprüfungen zugrunde gelegt werden. Gibt es
trotz Einhaltung der Bedienvorschriften Anhaltspunkte für Fehlerquellen und unzulässige
Messwertabweichungen, setzt die Verurteilung eines vermeintlichen „Temposünders“ voraus,
dass das Gericht im Einzelfall feststellen kann, dass solche Messfehler zulasten des Betroffenen
ausgeschlossen sind.
Einen solchen Fall musste nun das OLG Celle entscheiden: Ein Autofahrer wurde mit dem
Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 kontrolliert. Hiernach sollte er die zulässige Höchstgeschwindigkeit
von 80 km/h um 37 km/h überschritten haben. Das Amtsgericht (AG) hatte ihn
deshalb zu einer Geldbuße von 140 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem
Monat verhängt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin hob das OLG dieses Urteil auf und verwies das
Verfahren zur erneuten Entscheidung an das AG zurück. Grund: Die für die Bauartprüfung
dieses Messgeräts zuständige Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) konnte zwischenzeitlich
bei bestimmten Versuchsanordnungen seltene Messfehler reproduzieren, die zulässige
Toleranzen überschritten. Da der Abschlussbericht der PTB nicht eindeutig erkennen lässt,
unter welchen Messbedingungen sich Messwertabweichungen zu Ungunsten bzw. ausschließlich
zugunsten Betroffener auswirken können, sieht der Senat bei diesem Messgerät derzeit
keine hinreichende Gewähr mehr für die Annahme eines standardisierten Messverfahrens und
für die Zuverlässigkeit der erzielten Messergebnisse.
Folge: Das AG muss deshalb mithilfe eines Sachverständigengutachtens genauer klären, ob in
diesem konkreten Einzelfall die ausgewiesene Geschwindigkeitsüberschreitung sicher festzustellen
ist.

QUELLE: OLG Celle, Beschluss vom 18.6.2021, 2 Ss (Owi) 69/21

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Verkehrsrecht