Ein mit der Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung beauftragter Architekt muss seinen Auftraggeber über ein denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufklären.
Zweck dieser Pflicht ist es, den Bauherrn in die Lage zu versetzen, die Realisierungschancen
des Vorhabens einschätzen zu können. Nicht zum Schutzzweck der Verpflichtung gehört
dagegen, den Bauherrn vor etwaigen Steuerschäden im Zusammenhang mit bestehenden
Genehmigungserfordernissen zu bewahren. Der Bauherr kann deshalb bei unvollständiger
Grundlagenermittlung nicht Ersatz entgangener steuerlicher Vergünstigungen beanspruchen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Berufung der Bauherren zurückgewiesen.

 

 

Das war geschehen
Die Bauherren beabsichtigten, eine Dachgeschosswohnung im Frankfurter Westend zu sanieren und beauftragten einen Architekten mit Architektenleistungen. Dieser klagte vor dem Landgericht (LG) ausstehendes Honorar ein. Die Bauherren beriefen sich dagegen u.a. auf Schadenersatzansprüche gegen den Architekten, da fälschlich erklärt worden sei, dass denkmalschutzrechtliche Gesichtspunkte beim Innenausbau unbeachtlich seien. Tatsächlich hätten sie bei
richtiger Aufklärung das gesamte Bauvorhaben im Wege einer Sonderabschreibung nach dem
Einkommensteuergesetz (§ 7h EStG) fördern lassen können. Ihnen sei wegen der falschen Aufklärung damit ein Steuerschaden in Höhe von gut 5.000 Euro entstanden.

So sahen es die Gerichte
Das LG hatte dem Architekten ausstehendes Honorar zugesprochen und den Schadenersatzanspruch der beklagten Bauherren wegen entgangener Steuervergünstigungen abgewiesen.
Die Berufung der Bauherren hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Architekt habe zwar pflichtwidrig nicht über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit aufgeklärt, begründet das OLG seine Entscheidung. Auch im Rahmen der hier
beauftragten Grundlagenermittlung und Entwurfsplanung müsse ein Architekt über die Genehmigungsbedürftigkeit eines Bauvorhabens vollständig und richtig informieren. Die Entwurfsplanung müsse zudem genehmigungsfähig erstellt werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob
bei der Beauftragung der Bauherr zum Ausdruck gebracht habe, bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu wollen.

 

Es fehle aber am Zurechnungszusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem
behaupteten Steuerschaden. Grundsätzlich hafte der Vertragspartner bei einer Pflichtverletzung nur für Schäden, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichten gerade verhindert werden sollen. Dieser Schutzzweckzusammenhang liegt hier nicht vor. Die ordnungsgemäße
Grundlagenermittlung betreffe zwar auch wirtschaftliche Folgen eines Bauvorhabens. Sie solle
den Bauherrn über die erwarteten Kosten informieren, damit er sich auf einer geeigneten
Grundlage für die Durchführung des Vorhabens entscheiden kann. Es bestehe aber keine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bauherrn
wahrzunehmen. Die Ermittlung der Genehmigungsbedürftigkeit betreffe nicht die wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern diene dazu, die Realisierungschancen einschätzen
zu können. „Sie zielt – jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände – nicht
darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen“, betont das
OLG. Solche Vergünstigungen seien vielmehr allein ein „Reflex der Genehmigung“.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

QUELLE: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.4.2022, 29 U 185/20, PM 53/22, Abruf-Nr. 230294 unter www.iww.de

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Bau- und Architektenrecht