Das Führen eines Fahrtenbuchs kann auch angeordnet werden, wenn der Halter eines
Kraftfahrzeugs angegeben hat, den Verkehrsverstoß selbst begangen zu haben. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Mainz
Fahrzeughalter gibt zwar Zuwiderhandlung zu…
Mit dem Fahrzeug des Antragstellers wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb
einer Ortschaft um (bereinigt) 28 km/h überschritten. Der Antragsteller sandte den Anhörungsbogen der Bußgeldbehörde mit der Angabe zurück „Ich gebe die Zuwiderhandlung zu“.
Verkehrsrecht
… war aber nicht der Fahrzeugführer
Der folgende Abgleich des Fahrerfotos mit dem bei der Meldebehörde hinterlegten Ausweisfoto
ließ die Bußgeldbehörde jedoch mit Blick auf das abweichende äußere Erscheinungsbild der
beiden abgebildeten Personen zu der Überzeugung gelangen, dass der Antragsteller bei der
Geschwindigkeitsüberschreitung nicht der Fahrer des Kraftfahrzeugs gewesen sein könne.
Unter Hinweis auf die Zweifel an der Täterschaft des Antragstellers schrieb die Bußgeldstelle
diesen mehrfach mit der Bitte um Benennung des Fahrers an; eine inhaltliche Äußerung unterblieb. Eine Nachfrage bei der Meldebehörde ergab schließlich, dass lediglich die Ehefrau des
Antragstellers unter dessen Anschrift gemeldet ist. Das Bußgeldverfahren wurde daraufhin
eingestellt.
Sofortige Fahrtenbuchanordnung
Der Antragsgegner ordnete in der Folge gegenüber dem Antragsteller das Führen eines Fahrtenbuchs für das Tatfahrzeug für die Dauer von zwölf Monaten mit Sofortvollzug an. Dagegen
wandte sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung seines Widerspruchs an das Verwaltungsgericht. Er machte im Wesentlichen geltend,
er habe die Tatbegehung schriftlich eingeräumt, sodass ihm kein Fehlverhalten vorzuwerfen
sei, das die Verhängung eines Fahrtenbuchs rechtfertige. Der von der Bußgeldstelle vermuteten
Fahrerschaft seines Sohnes sei hingegen nicht nachgegangen worden. Das VG lehnte den Eilantrag ab.
Verwaltungsgericht: Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich
Das VG: Einem Fahrzeughalter könne das Führen eines Fahrtenbuchs aufgegeben werden,
wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer erheblichen Zuwiderhandlung gegen
Verkehrsvorschriften (bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung) nicht möglich gewesen sei.
Diese Voraussetzung sei hier erfüllt.
Mitwirkungspflicht des Fahrzeughalters nicht erfüllt
Die Bußgeldbehörde habe trotz aller angemessenen und zumutbaren Maßnahmen den Fahrzeugführer bei dem in Rede stehenden Verkehrsverstoß nicht ermitteln können. Der Antragsteller sei der ihn als Halter eines Kraftfahrzeugs treffenden Obliegenheit, an der Aufklärung des
mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes mitzuwirken, soweit dies für ihn zumutbar und möglich ist, nicht nachgekommen. Er habe – angesichts des evidenten Abweichens des
Ausweisfotos des Antragstellers von dem anlässlich des Verkehrsverstoß erstellten Lichtbild
des Fahrzeugführers – falsche Angaben gemacht, die geeignet gewesen seien, die Ermittlung
des Täters zu verhindern.
Fahrerfoto führte nicht zum Ermittlungserfolg
Dadurch noch verbliebene Ermittlungsansätze der Bußgeldbehörde seien ohne Erfolg gewesen.
Insbesondere habe der Antragsteller auch auf Vorhalt, dass sein Tatbekenntnis nicht mit dem
Fahrerfoto in Einklang zu bringen sei, keine weiteren Angaben gemacht. Nur mit dem Fahrerfoto allein sei es der Behörde unter dem Gesichtspunkt eines sachgerechten, erfolgversprechenden Aufwands jedoch nicht möglich gewesen, den Täter zu ermitteln.
Fahrtenbuchauflage: nicht strafend, sondern präventiv
Die danach zulässige Fahrtenbuchauflage habe – wie generell – keine strafende, sondern eine
präventive Funktion: Sie stelle eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende
Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der dafür Sorge getragen werden solle, dass künftige
Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften unter erleichterten Bedingungen möglich seien.
QUELLE: VG Mainz, Beschluss vom 2.3.2022, 3 L 68/22.MZ, PM 5/22
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