Eine bauaufsichtliche Verfügung, die brennbare Fassade zu entfernen, betrifft das Gemeinschaftseigentum und muss sich daher an die Wohnungseigentümergemeinschaft richten. Die einzelnen Wohnungseigentümer können die Befolgung der Verfügung nicht verhindern. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden (16.11.22, 1 Me 106/22).

 

Im Juli 2019 wurde einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgegeben, bis Sommer 2021 die
brennbare Fassadenverkleidung des zwölfgeschossigen Hochhauses, errichtet in den 70er Jahren, zu entfernen. Da die Frist ungenutzt verstrich, setzte die Behörde im Mai 2022 ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro fest und drohte ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 200.000
Euro an.

 

Dagegen richtete sich der Antrag auf Eilrechtsschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Diese meinte, es sei eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer erforderlich. Zudem habe bis dato kein Beschluss über die brandschutzrechtliche Sanierung gefasst
werden können. Das Verwaltungsgericht (VG) wies den Eilantrag ab.

 

Die Beschwerde der Wohnungseigentümergemeinschaft war erfolglos. Eine Duldungsverfügung gegen die einzelnen Wohnungseigentümer sei nicht erforderlich gewesen, so das OVG.
Verstößt eine in Wohnungseigentum aufgeteilte bauliche Anlage hinsichtlich der in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Gebäudeteilen, wie etwa der Fassade, gegen öffentliches
Baurecht, sei richtiger Adressat der bauaufsichtlichen Verfügung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese übe die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebenden Rechte aus und
nehme die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die einzelnen Wohnungseigentümer seien insoweit von der Verwaltung ausgeschlossen. Sie könnten die Gemeinschaft
nicht daran hindern, eine wirksame und vollziehbare bauaufsichtliche Verfügung zu befolgen.
Aufgrund der wirksamen und vollziehbaren bauaufsichtlichen Anordnung stehe für die Gemeinschaft verbindlich und ohne Rücksicht auf eine fehlende oder gegenläufige Beschlussfassung
fest, dass ein Handeln geboten ist. Der einzelne Wohnungseigentümer könne die Gemeinschaft
nicht unter Berufung auf zivilrechtliche Bestimmungen zur Willensbildung im Innenverhältnis
hindern, ihrer öffentlichen Handlungspflicht nachzukommen.

 

QUELLE | OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.11.2022, 1 Me 106/22

 

 

Kategorie(n)

Miet- und Wohnungseigentumsrecht

 

Schlagwörter

Bauaufsichtliche Verfügung