arbeitsrecht

Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig
krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
insbesondere erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer
der Kündigungsfrist umfasst. So sieht es das Bundesarbeitsgericht (BAG).

 

Das war geschehen

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte
beschäftigt. Am 8.2.2019 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 22.2.2019 und legte der
Beklagten eine auf den 8.2.2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
vor. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Beweiswert
der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des
Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung der Klägerin abdecke. Die Klägerin hat demgegenüber
geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor
einem Burn-Out gestanden. Die Vorinstanzen haben der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom
8.2. bis zum 22.2.2019 gerichteten Zahlungsklage stattgegeben.

Bundesarbeitsgericht: Zusammenhang zwischen Kündigungsfrist und Dauer der Arbeitsunfähigkeit

Die vom BAG nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat die
von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
nachgewiesen. Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel.
Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt
und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt
das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substanziiert darlegen und beweisen, dass er
arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden
Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen.
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8.2. zum 22.2.2019 und der am
8.2. bis zum 22.2. 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an
der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum
Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – auch nach Hinweis des Senats – nicht hinreichend konkret
nachgekommen.

Das BAG hat die Klage daher abgewiesen.

 

QUELLE | BAG, Urteil vom 8.9.2021, 5 AZR 149/21, PM 25/21

 

Kategorie(n)

Arbeitsrecht

 

Schlagwörter

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Beschäftigungsende