Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
(AGB) erheblich verlängert, kann darin auch eine unangemessene Benachteiligung
entgegen den Geboten von Treu und Glauben liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber
in gleicher Weise verlängert wird.
Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitgeberin, die den
Beklagten in ihrer Leipziger Niederlassung seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann
beschäftigte. Ursprünglich vereinbart war eine 45-Stunden-Woche bei einer Vergütung von
1.400 EUR brutto. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung. Sie sah
vor, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende
verlängerte. Im Gegenzug wurde ein monatliches Bruttogehalt von 2.400 EUR vereinbart. Dies
sollte bei einem monatlichen Reinerlös von 20.000 EUR auf 2.800 EUR steigen. Vereinbart wurde
weiter, dass das Entgelt bis zum 30.5.2015 nicht erhöht werden sollte. Es sollte bei einer späteren
Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben.
Nachdem ein Kollege des Beklagten festgestellt hatte, dass auf den Computern der Niederlassung
im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm
„PC Agent“ installiert war, kündigten der Beklagte und weitere fünf Arbeitnehmer am 27.12.2014
ihre Arbeitsverhältnisse zum 31.1.2015. Die Arbeitgeberin will festgestellt wissen, dass das
Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bis zum 31.12.2017 fortbesteht.
Ihre Klage hatte keinen Erfolg. Die in den AGB enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist
benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Sie ist deshalb unwirksam.
Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6
BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist
des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die verlängerte
Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt.
Eine solche unausgewogene Gestaltung liegt hier trotz der beiderseitigen Verlängerung der
Kündigungsfrist vor. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene
Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig
einfror.
QUELLE: BAG, Urteil vom 26.10.2017, 6 AZR 158/16, Abruf-Nr. 197784 unter www.iww.de.
Kategorie(n)
Allgemein, Arbeitsrecht