Eine Pflichtteilsstrafklausel in einem Testament greift auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte
geltend macht, gegen eine Abstandszahlung auf sein Pflichtteilsrecht verzichten zu
wollen.
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln, das über ein
sogenanntes Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel zu entscheiden hatte. Die Eheleute
hatten sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt und bestimmt, dass nach dem Tod des
Längstlebenden die vier Kinder das Vermögen zu gleichen Teilen erben sollten. Sollte jedoch
eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden vom Überlebenden seinen Pflichtteil
fordern, solle es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben
(sog. Pflichtteilsstrafklausel).
Nach dem Tod der zuerst verstorbenen Mutter erkundigte sich eines der Kinder mittels eines
Anwaltsschreibens nach dem Wert des Nachlasses. Es forderte die Vorlage eines sog. Nachlassverzeichnisses
und erklärte, dass für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderlich
sei, ein Sachverständigengutachten zum Wert des elterlichen Hausgrundstücks einzuholen.
Gegen eine Einmalzahlung von 10.000 DM, die auf das Erbe angerechnet werde, sei das Kind
indes bereit, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Geltendmachung des
Pflichtteils zu verzichten. Der Vater zahlte daraufhin 10.000 DM, sah das Kind in der Folge aber
nicht mehr als seinen Erben an.
Die Richter am OLG entschieden, dass das Kind mit diesem Schreiben die Pflichtteilsstrafklausel
ausgelöst hat und nach dem Tod des Vaters nicht mehr Erbe ist. Sie bestätigten damit
die Auffassung des erstinstanzlich mit der Sache befassten Amtsgerichts. Für die Frage, ob der
Pflichtteil gefordert werde, komme es nicht auf die Einschätzung des fordernden Kindes an.
Entscheidend sei vielmehr die Perspektive des überlebenden Ehegatten. Mit der Pflichtteilsklausel
wollten die Ehegatten typischerweise sicherstellen, dass dem Überlebenden bis zu
seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibe und nicht durch das Pflichtteilsverlangen
eines Schlusserben gestört werde. Auch solle sichergestellt werden, dass nicht eines der
Kinder bei der Verteilung des Gesamtnachlasses bevorteilt werde. Das Anwaltsschreiben habe
ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Vater dargestellt, da dieser für den
Fall der Nichtzahlung der 10.000 DM mit einer Inanspruchnahme durch das Kind habe rechnen
müssen. Damit sei nach der Einschätzung eines objektiven Empfängers die erhobene Forderung
geeignet gewesen, den Vater der Belastung auszusetzen, vor der er durch die Strafklausel
gerade geschützt werden sollte. Eine gerichtliche Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs sei
nicht erforderlich, um die Sanktion auszulösen.
QUELLE: OLG Köln, Beschluss vom 27.9.2018, 2 Wx 314/18, Abruf-Nr. 205415 unter www.iww.de.
Kategorie(n)
Erbrecht, Familienrecht