Auch wenn Käufer und Verkäufer eines Hauses die Gewährleistung ausgeschlossen haben,
kann erheblicher Schädlingsbefall in den Balken des Gebäudes ein Mangel sein, der zum
Rücktritt berechtigt.
Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig im Fall eines Mannes, der ein Fachwerkhaus
gekauft hatte. Dies wies einen massiven Insekten- und Pilzbefall auf. Er begehrte
vom Verkäufer Rückerstattung des Kaufpreises bei Rückübertragung des Grundstücks – trotz
des zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschlusses. Über den Schädlingsbefall
hatte der Verkäufer den Käufer vor dem Vertragsschluss nicht aufgeklärt.
Dies hätte er aber ohne Nachfrage des Käufers tun müssen – so das OLG. Ein massiver Schädlingsbefall
sei ein Umstand, der für den Entschluss eines Käufers, das Haus zu erwerben, von
Bedeutung sei. Auch der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss
lasse den Anspruch des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises nicht entfallen. Auf
einen Gewährleistungsausschluss kann sich ein Verkäufer nicht berufen, wenn er den Mangel
arglistig verschwiegen hat. Das setzt voraus, dass der Käufer den Mangel kennt oder ihn zumindest
für möglich hält.
Dies war hier der Fall. Der Verkäufer hatte seinerzeit umfangreiche Arbeiten an der Fassade
des Gebäudes vorgenommen und die Fachwerkbalken nach Verfüllung der Risse gestrichen.
Anlass für diese Arbeiten war der Befall mit Holzwürmern gewesen. Die Richter haben hieraus
geschlossen, dass der Verkäufer vom Schädlingsbefall wusste. Es sei aber allgemein bekannt,
dass ein Schädlingsbefall nur durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen beseitigt werden
könne. Solche Maßnahmen habe der Verkäufer nicht durchgeführt. Der Anspruch des Hauskäufers
sei auch nicht dadurch entfallen, dass der Käufer den Schädlingsbefall aufgrund der
Bohrlöcher im Gebälk selbst wahrnehmen konnte. Zwar beschränke sich die Offenbarungspflicht
auf verborgene Mängel, weil ein verständiger Verkäufer davon ausgehen könne, dass
dem Käufer ein ohne Weiteres erkennbarer Mangel ins Auge springe und er nicht darüber aufklären
müsse. Hieraus habe der Käufer aber nur auf einen aktuellen Befall schließen können.
Nicht erkennen konnte er nach den Ausführungen des OLG dagegen, dass der Schädlingsbefall
bereits seit über 15 Jahren andauere. Ein Verdacht des Käufers, dass die Balken bereits seit
vielen Jahren von Schädlingen befallen waren, entbindet den Verkäufer nicht davon, dem Käufer
sein konkretes Wissen über das tatsächliche Bestehen des Mangels mitzuteilen.
QUE LLE: OLG Braunschweig, Urteil vom 16.11.2018, 9 U 51/17, Abruf-Nr. 206713 unter www.iww.de.
Kategorie(n)
Bau- und Architektenrecht