arbeitsrecht

Die höchstrichterlichen Grundsätze zur Wettbewerbswidrigkeit von Abwerbeversuchen am

Arbeitsplatz gelten auch, wenn der Arbeitnehmer nicht über den Dienstanschluss, sondern

auf seinem privaten Handy angerufen wird. Der Anrufer müsse in diesem Fall zu Beginn des

Gesprächs nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei.

Das folgt aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a. M. im Falle zweier

bundesweit tätigen Personaldienstleistungsunternehmen. Ein Mitarbeiter des beklagten Unternehmens

kontaktierte einen Mitarbeiter des klagenden Unternehmens innerhalb von fünf

Tagen insgesamt sieben Mal auf dessen privatem Handy zur üblichen Arbeitszeit, um ihm eine

Arbeitsstelle bei der Beklagten anzubieten. Nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei,

erfolgten nicht. Die Klägerin verlangt, dass die Beklagte es unterlässt, ihre Mitarbeiter an ihrem

Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung anzurufen, soweit das Gespräch über eine erste

Kontaktaufnahme hinausgeht. Das Landgericht gab dem Klageantrag statt.

Mit diesem Antrag hatte die Klägerin vor dem OLG Erfolg. Die Richter stellten fest, dass sie

durch die Abwerbeversuche wettbewerbswidrig gezielt behindert worden sei. Grundsätzlich sei

das Abwerben von Mitarbeitern eines anderen Unternehmens zwar Bestandteil des freien Wettbewerbs

und damit hinzunehmen. Unzulässig seien jedoch Abwerbemaßnahmen, die die ungestörten

Betriebsabläufe beeinträchtigen. Bei der erforderlichen Abwägung, ob Anrufe während

der Arbeitszeit unlauter seien, seien die Interessen aller Beteiligten – also des Arbeitnehmers

und des Arbeitgebers – zu berücksichtigen. Daraus folge, dass ein Anruf zumutbar sei, wenn er

nur der ersten kurzen Kontaktaufnahme diene, bei welcher sich der Anrufer bekannt mache, den

Zweck seines Anrufs mitteile und das Interesse an einem vertieften Kontakt abfrage.

Folgekontakte am Arbeitsplatz seien hingegen wettbewerbsrechtlich unzulässig. Ein Personalberater,

der einen Mitarbeiter am Arbeitsplatz telefonisch zum Zwecke der Abwerbung anspreche,

betreibe im Betrieb des Arbeitgebers eine gegen diesen gerichtete Werbung zugunsten

eines Wettbewerbers. Dies müsse ein Arbeitgeber nicht unbeschränkt dulden.

Diese höchstrichterlichen Grundsätze würden auch gelten, wenn der Anruf nicht über das

dienstliche Telefon, sondern über das private Handy des Arbeitnehmers erfolge. In diesem Fall

werde zwar nicht die technische Infrastruktur des Arbeitgebers beansprucht. Dieses Argument

habe jedoch durch die Veränderung in der Arbeitswelt deutlich an Gewicht verloren.

Der Personalberater könne bei einem Anruf auf einem Mobiltelefon – anders als bei einem

betrieblichen Festnetzanschluss – zwar nicht wissen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz sei

und damit ein Eingriff in die betriebliche Sphäre des Arbeitgebers vorliege. Es sei ihm jedoch

zumutbar, dies zu Beginn des Gesprächs zu erfragen, um sich ggf. auf eine erste kurze Kontaktaufnahme

zur Vermeidung wettbewerbswidrigen Verhaltens zu beschränken. Diese kurze

Nachfrageobliegenheit belaste den Personalberater nicht über Gebühr. Sie lasse sich zwanglos

in eine höfliche Gesprächseröffnung integrieren. Gleichzeitig seien die Interessen des Arbeitgebers

gewahrt, nicht über Gebühr durch gegen ihn gerichtete Maßnahmen von Wettbewerbern

belästigt zu werden.

QUELLE: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 9.8.2018, 6 U 51/18, Abruf-Nr. 205680 unter www.iww.de.

Kategorie(n)

Allgemein, Arbeitsrecht