Bietet der Verkäufer eines mangelhaften Fahrzeugs dem Käufer eine Nachbesserung an, kann der Käufer anstelle der Nachbesserung regelmäßig noch eine Nachlieferung verlangen, wenn er die Nachbesserung nicht verlangt und sich über diese nicht mit dem Verkäufer verständigt hat.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Autokäuferin entschieden. Diese hatte in einem Autohaus einen fabrikneuen KIA Ceed zum Kaufpreis von ca. 16.300 EUR gekauft. Einige Monate später erfuhr sie von einem Transportschaden am Auspuffrohr und Tank des Fahrzeugs. Dieser war bereits bei der Fahrzeugübergabe vorhanden und nicht fachgerecht behoben
worden. Das Autohaus bot ihr eine kostenfreie Schadensbeseitigung an. Hierauf ließ sich die Käuferin aber nicht ein, weil das Autohaus eine zusätzliche Minderung des Kaufpreises ablehnte. Daraufhin setzte die Käuferin eine Frist und verlangte ein mangelfreies Fahrzeug nachgeliefert zu bekommen. Hierzu war das Autohaus nicht bereit. Daher erklärte die Käuferin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit ihrer Klage verlangt sie den Kaufpreis zurück. Außerdem möchte sie die Zulassungskosten erstattet bekommen. Im Gegenzug will sie den Wagen zurückgeben und sich einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen. Das Landgericht hat den Rücktritt als unverhältnismäßig angesehen und die Klage abgewiesen.
Das sah das OLG in zweiter Instanz anders. Es hat das Autohaus verurteilt, gegen Rückgabe des Fahrzeugs den Kaufpreis zurückzuzahlen und die Zulassungskosten zu erstatten. Insgesamt betrug der Urteilsbetrag ca. 13.600 EUR. Eingerechnet wurde dabei ein Nutzungsvorteil von ca. 2.850 EUR.
Nach Ansicht der Richter sei die Käuferin wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Das verkaufte Fahrzeug habe bei der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen. Deswegen habe die Käuferin eine Ersatzlieferung verlangen dürfen. Ihr Nachlieferungsverlangen sei nicht wegen einer vorrangigen
Nachbesserung ausgeschlossen. Eine Nachbesserung habe die Käuferin nicht verlangt. Diese sei ihr vielmehr vom Autohaus angeboten worden, ohne dass sich die Parteien über ihre Modalitäten verständigt hätten. Daher habe die Käuferin danach noch eine Nachlieferung verlangen können.

 

Die Nachlieferung sei dem Autohaus auch möglich gewesen. Es habe nicht dargelegt, kein mangelfreies anderes Neufahrzeug mit der geschuldeten Ausstattung beschaffen zu können. Das Autohaus könne auch den Einwand der Unverhältnismäßigkeit einer Nachlieferung nicht mehr mit Erfolg erheben. Der Einwand müsse vom Verkäufer geltend gemacht werden, solange noch
ein Nacherfüllungsanspruch bestehe. Dieser erlösche u.a. dann, wenn der Käufer zu Recht vom Vertrag zurücktrete. Im vorliegenden Fall habe das Autohaus den Einwand verspätet, weil erstmals im Prozess erhoben.
Der Rücktritt sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die infrage stehende Pflichtverletzung des Autohauses als unerheblich anzusehen sei. Unerheblich sei nur ein geringfügiger Mangel, der mit einem Kostenaufwand von bis zu fünf Prozent des Kaufpreises zu beseitigen sei. Ein derartiger Mangel habe im vorliegenden Fall nicht vorgelegen. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten seien Mangelbeseitigungskosten zu veranschlagen gewesen, die ca. 12 Prozent des Kaufpreises ausgemacht hätten.
QUELLE: OLG Hamm, Urteil vom 21.7.2016, 28 U 175/15, Abruf-Nr. 188824 unter www.iww.de.

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